· 

Meine Arbeit - über das Au-Pair-Sein und mein Leben mit meiner Gastfamilie

Meine letzten Posts hier beschäftigten sich nur mit meiner Freizeitgestaltung, Ausflügen und Unternehmungen.

Klar, das war toll!

ABER:  

Das stellt eine verzerrte Realität dar. Und da dies kein ausschließlicher Herumgereise- / Schwedenurlaubstipps Blog sein, sondern eben auch das Thema Au Pair -bzw. meine persönliche Erfahrung damit- behandeln soll und Viele bestimmt auch sehr neugierig sind, wir es mir denn Zuhause eigentlich so geht, ist dieser Post jetzt mehr als überfällig. Sorry für den Bandwurmsatz. 

Eigentlich wäre ich etwas glücklicher, wenn ich diesen Post schon zwischen meinen vier Wochenendberichten hochgeladen hätte. 🙁

Meinen allgemeinen Tagesablauf habe ich schon in dem Post "Wo? Wie? Was? - Details"  beschrieben. Schaut da nochmal nach, wenn ihr das verpasst habt und es euch interessiert. 

 

Also, ich bin sehr, sehr glücklich mit meiner Gastfamilie und fühle mich hier sehr wohl. Das ist, glaube ich, echt das Wichtigste.  

Ich habe mich superschnell eingelebt und meine Gastfamilie gewährt mir alle Freiheiten, das ist wirklich traumhaft. Die Kinder sind alle drei supersüß - jedenfalls meistens. Dass ich morgens mit "BAD ANNA!"-, "NOOO ANNA!"- oder "ANNA TIMEOUT!"-Schreien und begrüßt werde (von den Kindern 😉) ist hier fast gang und gäbe. 😂🤷🏼‍♀️ 

Momentan sind die Zwillinge auch in einem Alter, in dem Zuhauen die Lösung fast jedes Problems ist, sodass ich schon meinen ersten (recht schmerzhaften) blauen Fleck davon getragen habe... 

Auch wenn ich nicht zurückhaue, sehen die Zwillinge manchmal danach aus, weil sich fast jeden Tag ein kleiner "Unfall" ereignet. Ist aber auch bei zwei wildgewordenen Wildsauen (entschuldigt die Ausdrucksweise, aber es passt gerade etwas besser als friedliche Engelchen) kein Wunder. Ruhig dasitzen und malen birgt weniger Unfallpotential. 

Trotzdem sind die beiden echt cool, witzig und richtige Entertainer. Wir lachen alle viel und Quatsch machen steht auf der Tagesordnung. 

Ich finde das super und das hatte meine Gastmutter auf ihrem Profil auch schon angedeutet, dass sie eine lustige Familie sind, die viel Quatsch macht. Ich fand das gut, weil ich denke, dass so eine entspannte Familie weniger Probleme bereitet und das Zusammenleben einfach deutlich angenehmer ist, als mit Leuten, die so steif und überkorrekt sind. 

 

Von einem Vorfall möchte ich euch erzählen, der hat sich tatsächlich erst ereignet, nachdem ich die ersten Zeilen dieses Beitrages geschrieben habe. Die Kinder waren zu Bett, ich hatte Feierabend und war in meinem Zimmer. Ich erhielt eine Whatsapp-Nachricht von meiner Gastmutter, dass es diesmal länger gedauert hatte, die Kinder ins Bett zu bringen, sie noch dabei sei, das Baby schlafen zu legen und wir heute eher Reste zum Abendbrot essen würden, da mein Gastvater ins Krankenhaus gehen müsse. 

ALARMGLOCKEN! 

Sie schrieb mir das so beiläufig, aber normal war das ja ganz sicher nicht, also fragte ich nach, was los sei. 

Sie antwortete mir, dass er schon früher Probleme mit dem Herzen hatte und jetzt Schmerzen in der Brust, sodass der medizinische Notdienst ihm geraten hatte, in die Notaufnahme zu gehen, um einen Herzinfarkt auszuschließen. 

Ich denke schon immer sehr lebendig und in dem Moment löste der Gedanke an eine Mama, die alleine mit drei unter drei-jährigen Kindern zurückbleibt, weil der Papa einen Herzinfarkt hatte (mit Anfang 40) ALLES ANDERE als ein gutes Gefühl aus. 

Ich fühlte mich etwas hilflos und wusste nicht so richtig, wie ich mich jetzt verhalten sollte. 

Als ich hörte, dass sie runterkam, ging ich ebenfalls nach unten und fragte, was vorgefallen sei und wie es ihr jetzt ginge. Ich sagte, dass sie natürlich jederzeit losfahren konnte zum Krankenhaus, wenn ihr danach war und ich hier mit den Kindern bleiben würde. 

Sie war ganz dankbar. Ich wusste dann immernoch nicht so richtig, ob ich jetzt einfach wieder nach oben gehen oder in ihrer Nähe bleiben sollte und blieb noch, während sie aß. 

Anschließend ging ich wieder nach oben, versuchte, mich abzulenken und fragte nach ein paar Stunden, ob es Neuigkeiten gäbe.

Gab es nicht. 

Mein Gastvater wartete noch immer, er fühlte sich etwas besser und sie würden Untersuchungen durchführen.

Als ich unten war, sagte sie, dass sie eine Panikattacke vermutete, da wohl am Tag auf der Arbeit irgendwas sehr Negatives vorgefallen sei.

 

Ich saß gerade oben in meinem Zimmer und telefonierte als ich auf einmal parallel Geschrei aus dem Kinderzimmer der Zwillinge nebenan und vom Baby oben hörte. Ich war mir erst nicht sicher, da eins der Kinder mehrfach nachts aufwacht, aber auch wieder einschläft, ob die Mutter hingehen würde. Denn manchmal, wenn die Kinder im Halbschlaf schreien, wachen sie erst dann so richtig auf, wenn man reingeht. Aber die Mutter ging rein und ich hörte nur extrem schockierte Rufe "Oh my god!!! Are you okay? Oh my god! What happened?!"

Irgendwas konnte nicht in Ordnung sein! Ich beendete sofort mein Telefonat, ging auf den Flur und rief nach oben, ob ich helfen könne. 

Auf der Treppe sah ich überall Blutspuren! Meine Gastmutter fragte, ob ich hoch ins Badezimmer kommen könne und da saß M auf dem Boden schreiend und mit komplett blutüberströmtem Gesicht. Alles war voller Blut! Der Badezimmerboden, sein kleiner Schlafanzug und es sah so aus, als wäre sogar sein Mund voller Blut. 

Der Anblick ließ mir etwas das Blut in den Adern gefrieren, obwohl ich da sonst echt nicht empfindlich bin und recht viel abkann.

Aber das sah wirklich, wirklich schlimm aus. 

Ich schaute aber nur gute 2 Sekunden ins Badezimmer, da M nur noch viel mehr schrie, als er mich sah.

Die Mutter sagte "Okay, ich glaube, das macht es gerade nur schlimmer. Kannst du zum Baby gehen?".

Das Baby. Ja, das Baby schrie immernoch wie am Spieß. Und der Vater war immernoch mit Verdacht auf Herzinfarkt und ungewissem Ausgang im Krankenhaus. WARUM musste auch immer alles gleichzeitig passieren? 

 

Meine Gastmutter tat mir so unglaublich leid. Wie schlimm musste es sein, sein eigenes Kind mitten in der Nacht blutüberströmt in seinem Bettchen aufzufinden? Ich glaube, sie war selber unglaublich schockiert und trotzdem wirkte sie nach außen hin so ruhig. 

Das Baby war im Gegensatz dazu überhaupt gar nicht ruhig. Sie schrie so sehr, war aufgewacht in ihrem kleinen Bettchen und sah völlig zerstört aus. - Aber na gut, sind wir mal ehrlich: Wer von uns sieht gut aus, wenn man ihn nachts schreiend aus seinem Bett fischt? Ich denke, keiner. 

Leider ließ sie sich kein Stückchen beruhigen, verweigerte den Schnulli und schrie immer weiter. Im Hintergrund immernoch ein verstörter und schreiender M. 

Ich sah, dass der andere Zwilling mit seiner Kuscheldecke ziemlich verschlafen oben an der Treppe stand und sehr verängstigt war. Klar, auch er war von dem Geschrei seiner Geschwister wach geworden und saß alleine in seinem Zimmerchen und sah nur das leere Bettchen seines Bruders und das ganze Blut überall. Das Bett war ebenfalls voll mit Blut und natürlich hatte er auch auf dem Weg nach oben das ganze Blut gesehen. Ich ging mit dem schreienden Baby auf dem Arm zu ihm hin und versuchte, ihn ebenfalls hochzunehmen. 

Normalerweise mögen es die Kinder nicht, wenn ich irgendwas mache, sage oder sie anfasse, wenn die Eltern auch da sind. Aber in dieser Situation war M wohl so verängstigt, dass er einfach nur froh war, dass ich da war. 

Die Mutter rief mir dann aus dem Badezimmer zu, dass er ruhig reinkommen könne, wenn er wolle, es sei wohl nur starkes Nasenbluten.

Aber wir hatten einige Tage zuvor bereits einen anderen Vorfall mit blutenden Kindern gehabt und der nicht-betroffene Zwilling war da verängstigter und verstörter gewesen als der Betroffene.

Das musste jetzt nicht unbedingt sein und da er sich von mir auf den Arm hatte nehmen lassen, sagte ich ihr, er sei okay und ging mit ihm und dem immernoch wie am Spieß schreienden Baby nach unten ins Kinderzimmer. M klammerte sich regelrecht fest an mir. 

Ich gab ihm seinen Schnabelbecher mit Wasser und so standen wir etwas im Zimmer herum. Irgendwann kamen dann auch M und die Mama. 

Wir alle versuchten, uns zu beruhigen und ich schlug vor, ein paar Bücher zu lesen. Zum Glück hatte M Lust dazu und M lag schon wieder in seinem Bettchen schlief fast. Die Mama ging nach oben, um kurz in Ruhe das Baby zu stillen. Wir lasen ganz ruhig ein paar Bücher und die Kinder saßen nah zu beiden Seiten neben mir. Zum Glück konnten die Kinder danach wieder einschlafen. 

Meine Gastmutter dankte mir für meine Hilfe und ich sagte nochmal, dass sie mich jederzeit wecken könne, wenn irgendwas sei und sie nicht zögern solle. Dann bin ich schlafen gegangen, da es mittlerweile auch schon ungefähr halb zwei war. Ich machte mir wieder Gedanken, was wohl nun mit meinem Gastvater sei. 

 

Am nächsten Morgen wachte ich auf und lauschte. Zum Glück hörte ich wieder die Stimme meines Gastvaters, also war er zum Glück nicht in der Nacht gestorben und wieder zuhause. Ich schrieb noch vom Bett aus meiner Gastmutter eine Nachricht, wie sich die Dinge entwickelt hätten. Mein Gastvater sei wohl erst um 5.30 nachhause gekommen, aber mit dem Herzen sei wohl alles in Ordnung, es seien Muskelschmerzen. Mehr Infos habe ich nicht. 

Der Tag schien also normal weiterzugehen. Auf Nachfrage erfuhr ich, dass meine Gastmutter schon etwas geschlafen hatte in der Nacht, mein Gastvater jedoch gar nicht. Und ich denke, jeder normale Mensch wäre nach so einer Nacht erstmal ins Bett gegangen und hätte sich krankgemeldet. Aber mein Gastvater stand tatsächlich kurz darauf wieder in seinem Anzug vor uns. Er sah schlimm aus. Wirklich schlimm. Und sowohl die Mutter als auch ich fragten uns, wie er jetzt die Arbeit überleben wolle. 

Die beiden sind wirklich zäh. 

 

 

Eigentlich hatte ich nicht geplant, so etwas hier zu schreiben, als ich mir überlegt hatte, über meine Arbeit und mein Leben hier zu schreiben, aber irgendwie.. musste ich, nachdem das passiert war. 

 

Was kann ich sonst noch so berichten? Die ersten Wochen bin ich jeden Morgen zwischen 6 und 7 vom Geschrei der Kinder aufgewacht.  Immer vor dem Wecker und auch, wenn ich eigentlich frei hatte. Denn sie haben Heulanfälle, wenn sie morgens auf ihre Milchfläschchen warten. Ich glaube, die beiden sind keine Morgenmenschen. Ich habe das Gefühl, sie haben morgens immer schlechte Laune. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt und wache davon meistens nicht mehr auf bzw. schlafe weiter. Natürlich ist das total normal mit Kindern, keine Frage, aber trotzdem musste ich mich echt erst daran gewöhnen. Das in der Theorie zu wissen und darauf vorbereitet zu sein und dann tatsächlich davon aus dem Schlaf gerissen zu werden, sind halt doch nochmal zwei verschiedene paar Schuh'. Vermutlich klingt das jetzt total verpimpelt und alle Eltern denken sich jetzt so, "da siehst du mal!". Aber naja... 

 

Ich könnte noch so viel mehr berichten, aber ich denke, ich mache dann lieber nochmal einen zweiten Beitrag, um hier niemanden zu überstrapazieren. 😉

Kommentar schreiben

Kommentare: 0