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6-7 Wochen Eingewöhnungszeit? Wie erzieht man Kinder richtig? Was sind gute Eltern? Vorurteile ausräumen

Ich hatte in einem Beitrag geschrieben, dass ich mich total schnell eingewöhnt und von Anfang an sehr wohlgefühlt habe hier. Ich war glücklich mit meiner Gastfamilie und hatte auch das Gefühl, dass ich mit den Kindern gut zurecht komme. 

Nun, anscheinend sieht das nicht jeder so. 

Ich meine, ja: Die Kinder schreien mich oft an, schlagen oder schubsen mich auch mal und verweigern Vieles. 

Aber ich habe das nie als etwas Persönliches betrachtet, sondern dachte einfach, dass das am Alter liegt. 

Wären die Kinder fünf Jahre älter und würden mir bewusst zeigen, dass sie mich nicht mögen, wäre das etwas Anderes. 

Aber 2-Jährige sind doch ihren Emotionen noch völlig ausgeliefert, ohne diese steuern zu können. Ich glaube nicht, dass solche Ausbrüche etwas über die tatsächliche Zuneigung / Empfindung einer Person gegenüber aussagen. 

Diese Woche sprach ich mit den Eltern und irgendwie sagten sie, dass sie das Gefühl hätten, dass die Jungs und ich etwas Schwierigkeiten hätten, miteinander warm zu werden. Das hat mich zum Nachdenken gebracht, da ich das, wie gesagt, nie so empfunden habe und auch jetzt eigentlich nicht so sehe. Es ist klar, dass man als Au Pair bei Kleinkindern in dem Alter nie die Bezugsperson Nummer 1 wird (und auch nicht sein SOLLTE, sonst läuft etwas ziemlich doll schief in der Eltern-Kind-Beziehung). Von daher fand ich es weder verwunderlich, noch schlimm, dass die Kinder mir gegenüber oft wütend reagieren, wenn die Eltern in der Nähe sind. Klar, wer will sich schon von einer fremden Person etwas sagen lassen, von ihr angesprochen oder gar zu Dingen gezwungen werden, wenn die nähesten Bezugspersonen da sind? Ich kann das verstehen. Wenn wir uns mal von den uns auferlegten Zwängen des Erwachsen-Seins und der Gesellschaft distanzieren und in uns hineinlauschen, dann geht es uns in unserem Innersten doch auch so, oder nicht? 

Und wenn ich die Kinder vom Kindergarten abhole und wir auf den Spielplatz gehen, sind die Kinder auch anders. Sie freuen sich, mich zu sehen und schreien mich nicht grundlos an (nur wenn ich ihren Willen übergehe, was auch verständlich ist, sich aber manchmal nicht vermeiden lässt). Das sehen die Eltern aber natürlich nicht. Trotzdem ist das nicht nur so dahin gesagt, wenn ich der Mutter sage, dass wir Spaß auf dem Spielplatz hatten. Wie soll man auch sehen, dass die Kinder sich in der eigenen Abwesenheit anders verhalten? Da liegt es bei den Eltern, meinem Wort Glauben zu schenken oder nicht. 

Jetzt, nach 6 bzw. 7 Wochen kam es die ersten Male vor, dass die Kinder auch in Anwesenheit der Eltern freundlich zu mir waren. Wenn sie mich gesehen haben freudig Anna, Anna! gerufen haben und auf mich gezeigt, anstatt wütend. Da meinten die Eltern dann ungefähr eine Woche nach dem oben erwähnten Gespräch, dass sie das Gefühl hätten, wir würden uns langsam aneinander gewöhnen. 

Heute morgen wurde ich das erste Mal in Anwesenheit der Eltern gebeten, eins der Kinder auf den Arm zu nehmen. 

So unterschiedlich ist also die Wahrnehmung von Eingewöhnung oder eine Verbindung aufgebaut haben. Vielleicht haben die Eltern ja auch recht. Schließlich kennen meistens die Eltern ihre Kinder am Besten. Aber die Bedenken oder das, was die Eltern dort gesehen haben, habe ich zum Beispiel nie so betrachtet oder empfunden. 

 

Interessant ist auch, dass sich für mich (und das habe ich auch von vielen Anderen gehört) während der Au Pair Zeit deutlich meine eigenen Ansichten und Werte in Bezug auf Kindererziehung herauskristallisiert haben. Natürlich hatte ich da auch vorher schon Vorstellungen zu, aber das ganze in der Realität und nicht nur in der Vorstellung zu sehen, macht schon nochmal einen Unterschied. Man beurteilt Situationen und das richtige Handeln in diesen immer. Man gleicht es immer mit seinen eigenen Werten ab. Zumindest mache ich das. Vielleicht gibt es auch Leute, an denen das total vorbeigeht, die mehr auf sich selbst fokussiert sind. So checkt man eben auch seine Ansicht zu Verhalten in Situationen, über die man selbst noch nie nachgedacht hat. Und da taten sich bei mir die Fragen auf, wie man Kinder nun richtig erzieht und was eigentlich gute Eltern sind. Sind gute Eltern die, die immer für ihre Kinder Zeit haben? Die, die ihnen alles erlauben? Die, die sie über alles lieben? Die, die ihnen eine finanzielle Sicherheit bieten und alle materiellen Wünsche erfüllen können? Die, die so erziehen, wie es die Gesellschaft für richtig erachtet (falls es da überhaupt einen Konsens gibt)? Die, die ihren eigenen Weg gehen? Die, deren Kinder glücklich sind? Oder die, die immer alles gegeben haben? 

 

Meine Gasteltern machen viele Dinge anders, als ich sie machen würde. Es gibt oft Situationen, in denen ich das Verhalten der Eltern für falsch halte. Natürlich sage ich da nichts zu, denn es ist ihr Leben, es sind ihre Kinder und jeder muss das für sich selbst wissen. Genauso würde ich nicht wollen, dass mir jemand in meine Erziehung reinquatscht. Es gibt auch viele Situationen in denen mich das Verhalten der Eltern inspiriert und mir Anregungen gibt für gutes Verhalten, auf das ich von alleine nicht gekommen wäre. Ich sehe, dass man mit manchen Dingen in der Realität anders umgeht als in der Vorstellung. 

Ich finde zum Beispiel, dass die Kinder zu viel Fernsehen gucken bzw. Medien konsumieren. Der Fernseher läuft morgens und abends. Eigentlich immer, wenn wir nicht draußen sind. Und meistens schalten die Eltern den Fernseher an und es sind nicht die Kinder, die danach fragen. Als das mal in einer meiner Vorlesungen während des Studiums thematisiert wurde und die Dozentin genau das sagte, habe ich ihr nicht geglaubt. Als ich Kind war, haben uns meine Eltern nie vor dem Fernseher geparkt. Es waren immer wir Kinder, die darum gebettelt haben. Die Kinder spielen auch oft an ihren eigenen iPads. Aber anscheinend sind in anderen Familien Dinge anders. Und wir haben andere Zeiten. 

Auf der anderen Seite verstehe ich aber auch (oder sehe zumindest), warum es manchmal einfach dazu kommt oder es einfacher ist in manchen Situationen, dass der Fernseher eingeschaltet wird. Man kann einfach nicht alle Kinder gleichzeitig intensiv betreuen. Im Auge behalten vielleicht gerade so, aber eigentlich kann man mit zwei Augen nicht drei Kinder beobachten. Das geht einfach nicht. Und wenn ein Kind dann gerade ein Problem hat und einen braucht oder vielleicht sogar zwei Kinder gleichzeitig oder man gerade mal was Wichtiges erledigen muss oder zur Toilette, ja, dann sind die Kinder einfach ruhiger, wenn man mal den Fernseher einschaltet. Und das macht auch die Eltern ruhiger. 

Ob ich das nachvollziehen kann? Irgendwo ja. Ob ich es deswegen richtig finde? Nein. Ob es den Kindern schaden wird? Vermutlich nicht. 

Warum hat man eigentlich solche Werte? Warum ist es uns (mir) wichtig, dass die Kinder in dem Alter kein oder wenig Fernsehen gucken und nicht am iPad spielen, wenn es ihnen vermutlich nicht schaden wird und sie trotzdem mal normale Erwachsene werden? 

  

Ich finde auch noch viele andere Sachen falsch, die die Eltern machen bzw. würde sie selber anders machen. Zum Beispiel, dass die Kinder ihr Essen nicht essen, aber 10 Minuten später Kekse wollen und die dann bekommen. Oder dass sie anstelle  des Frühstücks / Abendbrotes Kekse essen können, wenn sie das wollen. Aber steht es mir überhaupt zu, darüber zu urteilen? Wir kennen in den seltensten Fällen die Hintergründe, warum Eltern (oder Menschen generell, aber darum geht es hier nicht) Dinge so machen, wie sie sie machen. Klar, einige Verhaltensweisen oder Ansichten legt man wahrscheinlich einfach so an den Tag, ohne die je hinterfragt zu haben, sofern man nicht das gesamte Elternsein und jede Erziehung, jede Reaktion vorher analysiert und geplant hat (solche Eltern gibt es auch... Und das sind nicht die von der angenehmen Sorte...). Aber vielleicht sind die Eltern froh, wenn die Kinder überhaupt IRGENDETWAS essen, weil sie untergewichtig sind und es ist besser, wenn sie dann so etwas essen als gar nichts? 

Es gibt noch tausend andere Situationen bei denen wir die Hintergründe nicht kennen. Und vielleicht würden wir genauso handeln, wenn wir sie kennen würden?  

 

Was finde ich noch falsch? Wenn die Kinder einfach rumschreien, bekommen sie, was sie wollen anstatt dass sie versuchen, einen Satz mit Bitte und Danke zu formulieren. Ich finde, auch mit zwei Jahren kann man das schon lernen. Denn was lernen die Kinder, wenn man einfach auf das Rumschreien reagiert, obwohl die Kinder es besser könnten ? Sie lernen, dass man durch rumschreien bekommt, was man will. Und genau mit dem Verhalten hat man dann 2,3,5,7 Jahre später Probleme und kann sich nicht erklären, woher das kommt. 

Ich glaube, viele Eltern sind mit Kindern in dem Alter eher lockerer, weil sie denken, dass die Kinder die Dinge sowieso noch nicht verstehen, weil sie sie zum Beispiel nicht artikulieren können. Ich denke das nicht. Denn selbst wenn Kinder manche Dinge noch nicht verstehen, so lernen sie trotzdem ein Verhalten daraus. Auch Zweijährige können lernen, Bitte zu sagen und freundlich zu fragen anstatt rumzuschreien. Woher ich das weiß? Ich habe es ausprobiert. Und natürlich verstehen Zweijährige nicht, WARUM man Bitte und Danke sagen soll und versuchen, einen netten Satz zu formulieren. Aber das müssen sie auch nicht. Trotzdem lernen sie, wie gesagt, aus dem Verhalten das heute toleriert wird.  

Ich habe angefangen mit " Kannst du sagen ... " und heute, wenn die Kinder wieder rumschreien " Wie sagt man das nett?" und es funktioniert. Jedes Mal. Aber wenn man ihnen das nicht beibringt, muss man sich halt weiter mit dem Schreien herumschlagen. 

Dann sagten die Eltern, dass sie das ja toll fänden und sie würden eh wollen, dass die Kinder Bitte und Danke sagen, wenn sie Drei werden. Wie soll das passieren, wenn man ihnen das nicht beibringt? 

Oder ich finde es falsch, dass die Kinder nicht aufräumen müssen. Wenn die Kinder jetzt nicht lernen (mit einem Erwachsenen zusammen) aufzuräumen, werden sie mit 4, 5 oder 7 Jahren auch nicht aufräumen und sagen, dass sie das überhaupt nicht einsehen. Wenn die Kinder Sachen absichtlich runterschmeißen bzw. durch die Gegend werfen, fordere ich sie auf, die Sachen wieder aufzuheben. Und man stelle sich vor: Das funktioniert. Nicht immer, aber meistens. Aber eben auch nur, wenn man das Verhalten einfordert. 

Natürlich bin ich nicht dazu da, diese Kinder zu erziehen, aber ich denke, mit diesen Sachen durchkreuze ich ja nicht die Wertvorstellungen der Eltern. Eine Situation kürzlich: M schmeißt irgendetwas runter und ich bitte ihn bzw. fordere ihn auf, das wieder aufzuheben. Ich wiederhole das. Und der Vater sagt nur lachend "Das wird sowieso nicht funktionieren". 

Ja, wenn man das mit dem Kind nicht übt bzw. nicht erwartet, dass das Kind aufräumen muss, natürlich wird es dann nicht funktionieren. Ich bin mir sicher, er hätte es aufgehoben, wenn der Vater nichts gesagt hätte. 

Im Endeffekt könnte es mir egal sein und ich müsste (vielleicht auch sollte) nicht fremde Kinder erziehen. Aber ist es nicht andererseits als Au Pair, als eine Person, die viel Zeit mit den Kindern verbringt auch meine Aufgabe? Natürlich halte ich mich im Großen und Ganzen an den Erziehungsstil und die Werte der Eltern, alles andere wäre auch respektlos und anmaßend, aber trotzdem sehe ich eben, dass da '"Lücken" sind, die man einfach füllen kann. 

 

Aber ist das Alles, was ich genannt habe, wirklich falsch, nur weil ICH das falsch finde? Wer sagt, dass ich recht habe? Oder dass ich besser weiß, wie man Kinder erzieht als die Eltern? Als Jemand, der keine Kinder hat, kann man immer schlau daherreden. Aber beweisen muss man sich und seine Prinzipien ja dann erstmal in der Realität, wenn man das alles selbst bei seinen eigenen Kindern umsetzen muss. 

 

Manche Dinge finde ich aber auch echt gut. Zum Beispiel, sich morgens genug Zeit zu nehmen, sodass man den Kindern erstmal anbieten kann, gewisse Dinge wie Zähne putzen, Schlafanzug ausziehen, Anziehen... zu tun, bevor man sie dazu zwingt. Ich würde sagen, in 40  - 50 % der Fälle kooperieren die Kinder da und es ist für alle entspannter als durch Zwingen einen Wutanfall hervorzurufen. Oder ich finde es auch richtig super, dass die Mutter immer für ihre Kinder da ist und auch viel Zeit mit ihnen verbringen will. Ich finde es super, dass sie so auf die Emotionen der Kinder eingeht und entspannt darauf reagiert. Ich finde es super, dass sie den Babybrei selbst macht und dass sie jeden Tag frisch kocht. Ich finde es super, dass sie alle Kinder gleich behandelt. Und an dieser Stelle ein Vorurteil ausräumt, auf das ich von alleine nie gekommen wäre. Aber es wurde mir so oft von Freunden und anderen Bekannten (wenn auch vielleicht eher teilweise scherzhaft gemeint) eingetrichtert, dass sich das in meinem Gehirn eingebrannt und verselbstständigt hat. Und zwar, dass bei Familien mit 3 oder mehr Kindern das mittlere Kind weniger Beachtung bekommt. Weil beim ersten Kind noch alles neu sei und "das erste Mal" und das dritte Kind das kleine, süße Nesthäkchen sei, was alle in Verzückung versetzt. Das mittlere Kind sei dann "nichts Besonderes"... Das zu hören macht mich immer unglaublich traurig und so richtig glauben konnte ich das nie. Ich hatte noch nie mitbekommen, dass das irgendwo so war (bei den Familien mit drei Kindern, die ich aus meiner Kindheit kannte). Aber in meinem Kopf hat es dann angefangen, Familien mit 3 Kindern mit diesem Hintergedanken zu beobachten und ihnen diesen Stempel aufzudrücken.

Bestätigen konnten meine Beobachtungen das aber nie. Und wenn Eltern tatsächlich ihre Kinder vernachlässigen bzw. ungleich behandeln, hat das sicherlich nichts mit der Anzahl der Kinder zu tun. Und auch bei zwei Kindern könnte man eins bevorzugen, wenn man wollte. Jedenfalls sehe ich hier jeden Tag, dass alle Kinder gleich geliebt werden und gleich viel Aufmerksamkeit bekommen. Es wird versucht, dass jedes Kind auch mal Zeit alleine mit einem Elternteil bekommt.

 

Ich muss auch ein weiteres Vorurteil zugeben, das ich im Zusammenhang mit Au Pair teilweise mitschwingen hatte oder manchen Leuten gegenüber immer noch habe, weil es bei einigen sicherlich leider zutrifft: Nämlich, dass die Eltern keine Lust haben, sich um ihre Kinder zu kümmern. Ich weiß, es ist hart sowas zu sagen oder zuzugeben, dass man so etwas denkt. Es gibt manche Eltern, denen sind ihre Kinder relativ egal. Das ist leider so und das kann man auch nicht schönreden. Natürlich trifft das nicht auf jede Familie zu, die ein Au Pair hat oder haben möchte! Familiendynamiken, -situationen und -konstellationen sind unterschiedlich und bei Vielen ist es total nachvollziehbar und gerechtfertigt, ein Au Pair in die Familie zu holen. Da ein Au Pair ja auch für beide Seiten einen kulturellen Austausch darstellt, kann es manchmal auch nur eine Bereicherung und positive Erfahrung für alle sein, ohne dass die Familie ohne ein Au Pair nicht klarkommen würde. Oder die Familie braucht eben tatsächlich Unterstützung, da sie viele Kinder hat, die Kinder besonders herausfordernd sind oder die Eltern noch andere (unerwartete) Aufgaben stemmen müssen (z.B. ein Familienmitglied pflegen, ein krankes / behindertes Kind haben oder alleinerziehend sind). In manchen Situationen könnten die Familien sicherlich auch staatliche Unterstützung durch das Jugendamt bekommen, aber vielleicht wollen die Familien ja trotzdem den kulturellen Austausch o.ä. durch ein Au Pair haben. Ich denke, mit einem Au Pair als Unterstützung ist man als Familie auch noch flexibler als mit Unterstützung durch das Jugendamt.

Es gibt also Unterschiede, ob eine Familie ein Au Pair aus einem dieser Gründe einstellt oder nur, weil sie ihren Aufgaben als Eltern nicht nachkommen wollen. 

Meine Gastfamilie hat mir jedenfalls auch diesbezüglich definitiv von der ersten Minute an bewiesen, dass das hier nicht so ist. Trotzdem wird es Familien geben, bei denen das so ist. Und niemand wird zugeben, dass er keine Lust hat, selbst zurückzustecken, um sich um seine Kinder zu kümmern. 

Trotzdem kann ich bei meiner Gastfamilie sehr gut verstehen, warum die Eltern ein Au Pair haben möchten oder brauchen und dass das definitiv nichts damit zu tun hat, dass die Eltern kein Interesse an ihren Kindern haben. Irgendwie ist es gut, das zu sehen und mir somit selbst Beweise liefern zu können, die meine Vorurteile aus dem Weg räumen. Denn zumindest ich weiß, dass ich Vorurteile habe und dass die oft nicht gerecht(fertigt) sind.

Wenn ich die Kinder fertig mache o.ä. oder wir generell zuhause sind, ist es nicht so, dass die Mutter ins Nagelstudio geht oder oben Fernsehen guckt. Sie ist dann auch immer in der Nähe, spielt mit den Kindern, hilft auch. Und das finde ich toll. Nicht für mich, ich würde das auch alleine hinkriegen, sondern für die Kinder. Dass sie einfach in jeder Minute spüren, Mama ist da und liebt uns und sie sich nicht allein gelassen fühlen mit einer fremden Person.  

 

Ich weiß ja nicht, wie die Realität in Königshäusern aussieht, aber auch da habe ich oft das Bild im Kopf, dass die Kinder 24/7 von einer Nanny betreut werden und von ihren Eltern überhaupt nichts sehen. Aber vielleicht ist das ja auch falsch. 

 

Ich finde es auch nicht richtig, dass der Vater so viel arbeitet, dass er fast nie zuhause ist oder dass das Baby schon mit einem Jahr in die Kita kommt. Sie ist noch so klein! Ich könnte das nicht übers Herz bringen... Aber der Vater nimmt sich dafür jeden Morgen über eine Stunde alleine mit den Kindern Zeit. Bevor ich aufstehe und bevor überhaupt der Tag richtig anfängt. Kann man also überhaupt sagen, dass jemand ein schlechtes Elternteil ist, weil er wenig Zeit mit den Kindern verbringt? Ich finde es falsch, dass er so viel arbeitet und ich bin mir sicher, dass sein Gehalt es auch hergeben würde, weniger zu arbeiten (teilweise sind das 14, 15 Stunden täglich), aber auf der anderen Seite sehe ich trotzdem, wie sehr er sich bemüht, Zeit mit seinen Kindern zu verbringen und wie toll er mit den Kindern umgeht. Er ist so lustig und toll mit den Kindern. Sie vergöttern ihren Vater. 

 

Und wer beurteilt eigentlich, was gute Eltern sind und was nicht? Wem steht das zu? Steht das überhaupt jemandem zu? Können Eltern gute Eltern sein, auch wenn sie ein anderes Weltbild vertreten? 

Klar, dem Jugendamt bzw. Gericht steht es zu, darüber zu urteilen. Bei schwerwiegenden Grenzüberschreitungen, die ein "Mindestmaß" darstellen, an das sich alle Eltern halten müssen, damit die Kinder aufwachsen können. 

 

Im Endeffekt denke ich, dass es nicht eine pauschale Antwort darauf gibt, welche Eltern gute Eltern sind. Ich könnte sagen, dass für mich  gute Eltern Eltern sind, die mein Weltbild teilen. Aber dass mein Weltbild der Maßstab wäre oder mein Weltbild gute Eltern ausmacht, wäre auch anmaßend. Vielleicht macht gute Eltern aus, dass sie das Beste für ihr Kind wollen. Aber die Wege dahin und die Umsetzung sind unterschiedlich und können grundverschieden sein. Genauso wie die genaue Definition von "das Beste für das Kind". Und ich habe auch schon oft gehört, dass das "das Beste für das Kind wollen" als Ausrede für ganz miserables elterliches Benehmen benutzt wurde....

Ich glaube, es ist eine Frage auf die es keine allgemein gültige Antwort gibt. Jedenfalls finde ich sie nicht. Vielleicht sind gute Eltern die Eltern, von denen ihre eigenen Kinder sagen, dass sie es sind. 

 

 

Kleiner Nachtrag:

Was mir hier regelmäßig das Herz bricht, ist das "Schlaftraining", bei dem das Baby wenn es nachts aufwacht einfach schreien gelassen wird... Kein Baby schreit, um die Eltern zu nerven. Babys schreien, weil es ihnen nicht gut geht. Weil ihnen etwas fehlt. Das kann Hunger oder eine volle Windel sein oder einfach Einsamkeit oder ein Albtraum. Man wacht nachts alleine in einem dunklen Zimmer auf und Mama ist nicht da. Man will einfach nur gekuschelt werden, weil man sich so unglaublich allein fühlt, Angst hat und vielleicht sogar noch schlimm geträumt hat. Man wird vielleicht krank oder hat so dolle Bauchweh. Und man ruft und ruft Mama. Immer wieder, immer verzweifelter. Das Bauchweh wird immer doller oder die Angst und das Sich-Verloren-Fühlen in dem dunklen Zimmer immer stärker. Aber Mama kommt nicht. Sie hört, wie verzweifelt man ist, wie sehr man sie braucht und sie kommt trotzdem nicht. Weil sie will, dass man alleine wieder einschläft. Aber wie soll man schlafen, wenn es einem gerade verdammt schlecht geht? Man hat so doll Durst und braucht einfach nur einen Schluck zu trinken, um wieder zu schlafen. Aber den gibt es nicht. Und vom Schreien wird der Hals auch immer trockener. 

 

Irgendwann gibt man dann einfach auf, weil man nicht mehr kann und wimmert sich irgendwie in den Schlaf... Ohne zu verstehen, warum Mama einen alleine lässt, wenn es einem so schlecht geht. Sie hat mich gehört und ist mit Absicht nicht gekommen. Sie hat mich absichtlich alleine gelassen, als es mir schlecht ging. Alleine, einsam, in der dunklen Nacht. 

 

Warum muss sowas sein bei einem 8-Monate alten Baby? Das Kind wird sich schon nicht bis es zwanzig ist von Mama und Papa ins Bett bringen lassen! Und wie würden wir uns bitte fühlen, wenn wir mit einem dieser Probleme nachts aufwachen? Wenn wir aufwachen und Durst haben und uns verweigert wird, ein Glas Wasser zu trinken. Oder wir ignoriert werden, wenn wir aus einem Albtraum aufwachen, obwohl unser liebster Mensch da ist und uns hört. Wenn wir aufwachen und Bauchweh haben, uns aber nicht selbst helfen können und wir ignoriert werden? 

 

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